Ausstellungen
6 ½ Wochen: Rietlanden Women's Office
Der Titel Banners for Heresies ist in zweierlei Hinsicht als Hommage zu verstehen, einmal für die in New York ansässige, feministische Zeitschrift Heresies (1977/1993) und zum anderen für den Begriff Häresie an sich. Diesen Begriff haben sich Johanna Ehde und Elisabeth Rafstedt von Rietlanden Women’s Office (RWO) zu eigen gemacht, um ihr Konzept der grafischen Gestaltung zu veranschaulichen, bei dem sie Designelemente, Druckverfahren und Arbeitsprozesse zusammenbringen und reaktivieren.
In ihrem gemeinsamen Büro für Grafikdesign arbeiten RWO unter anderem mit Archivmaterial aus historischen Publikationen, die im Rahmen eines radikal-feministischen Aktivismus gegen Kapitalismus, Imperialismus und Patriarchat entstanden sind. Insbesondere in der Druckgrafik von den späten 1960er bis in die frühen 1990er Jahre fand dieser seinen Ausdruck. Gemeint ist ein Feminismus, der sich aus dem Material ergibt: Frauen besitzen ihre eigenen Produktionsmittel, schreiben, gestalten und drucken selbst. All diese Aufgaben werden gleichberechtigt ausgeführt und erlauben ihnen, vielschichtige Druckerzeugnisse mit sichtbaren Spuren ihrer materiellen Herstellungsbedingungen zu produzieren. In diesen Spuren – Zeilen mit Änderungen und Korrekturen, Rahmen, widersprüchlichen Elementen, Blumen und improvisierter Schrift – finden sich dringliche, disruptive oder verborgene politische Botschaften. Das Resultat dieses experimentellen Prozesses ist die im Selbstverlag veröffentlichte Reihe MsHeresies, die mit irisierenden grafischen Kompositionen im Offsetverfahren hergestellt wird.
Die in der Ausstellung gezeigten Textilbanner sind Ergebnis eines ähnlichen Layouts sowie manueller Drucktechniken. Johanna Ehde und Elisabeth Rafstedt messen Fragen des Formats, der Komposition und des Malerischen eine besondere Bedeutung bei, die sich in Monotypien mit digitalem Sublimationsdruck und Textfragmenten materialisieren. Schrift fungiert als Sichtbarmachung einer kollektiven feministischen Praxis, die mit Verzierungen und Stickereien bearbeitet wird und unterstreicht den improvisatorischen Moment des Gelingens und Scheiterns im Druckprozess, der Gestaltung sowie der Veröffentlichung.
Johanna Ehde (*1987, Schweden) und Elisabeth Rafstedt (*1986, Schweden) leben in Amsterdam, wo sie 2018 Rietlanden Women’s Office gegründet haben. Beide sind Absolventinnen des Fachbereichs Grafikdesign an der Gerrit Rietveld Academie und unterrichten gemeinsam zum Thema Buchgestaltung und Typografie an verschiedenen Institutionen in ganz Europa.
Der Eintritt ist frei.
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