24. Nov 2023
17. Mär 2024

WIR IST ZUKUNFT

Visionen neuer Gemeinschaften

Die Bedrohung unserer Lebensräume prägt unsere heutige Realität. Immer drängender werden darum Forderungen nach grundlegenden Veränderungen. Wie aber lässt sich scheinbar Unabänderliches neu denken? Welche neuen Formen des Zusammenlebens sind überhaupt erstrebenswert? Ausgehend von diesen gegenwärtigen Fragestellungen untersucht die Ausstellung Wir ist Zukunft. Visionen neuer Gemeinschaften historische und aktuelle künstlerische Ideen für alternative Formen des Zusammenlebens. Die Hinwendung zur Natur oder das Vertrauen in technische Innovationen verbindet die unterschiedlichen Positionen. Jedes Kapitel der Schau markiert eine historische Bruchlinie. Mit einer Vielzahl von Medien wie Malerei, Skulptur, Grafik, Video und Performance gipfelt die Präsentation in einer eigens für die Ausstellung geschaffenen tempelartigen Installation des Architekten und Künstlers Yussef Agbo-Ola [Olaniyi Studio].

Wir ist Zukunft beginnt im ausgehenden 19. Jahrhundert, als sich die negativen Folgen der Industrialisierung und Verstädterung bereits deutlich abzeichnen. Gegenbewegungen und Alternativen lassen nicht lange auf sich warten. Das erste Kapitel der Ausstellung skizziert in Gemälden von Karl Wilhelm Diefenbach oder Ludwig von Hofmann die Hoffnung auf ein befreites Leben in Harmonie mit der Natur. Eine neue Spiritualität ist in den Zeichnungen und Malereien von Elisàr von Kupffer zu finden.

Aus Stahl und Glas entwerfen Bruno Taut und Wenzel Hablik ihre großen Architekturprojekte, deren Formen sich am Kristall orientieren. Als Symbol für das neue Zeitalter fordern sie nach den Schrecken des Ersten Weltkriegs in Entwürfen kristalliner Architektur ein neues Bauen für eine neue Gesellschaft. Taut findet im Gründer des Museum Folkwang, Karl Ernst Osthaus, einen Unterstützer. Ihre Zusammenarbeit mündet in der Konzeption von Osthaus‘ Herzensprojekt, einer Reformschule.

Ein eigenes Kapitel widmet sich dem Werkkomplex New Babylon von Constant. Der niederländische Künstler entwirft von 1956 bis 1974 in zahlreichen Gemälden, Zeichnungen und Modellen eine neue modulare und flexible Lebenswelt. Hier baut sich der spielende Mensch (Homo ludens) seine eigene Umgebung für eine neue Gesellschaft selbst. Weiter erzählt Wir ist Zukunft – mit Superstudios gigantischer Strukturreform des Planeten und Anna Halprins rituellem Planetary Dance – vom Hippie-Modernismus der 1970er und 1980er Jahre. In Entwürfen, Collagen und Filmen werden ihre Visionen eines alternativen Lebens in den Ausstellungsraum gebracht.

Das abschließende Kapitel der Ausstellung zeigt zeitgenössische Werke von Eglė Budvytytė, Emma Talbot und Timur Si-Qin. Ihre Arbeiten thematisieren eine neue Verbindung mit der Natur und allen Lebewesen und konfrontieren die historischen Positionen mit Fragen der Gegenwart. Räumlich wie inhaltlich laufen die Fäden der Ausstellung in Oriji: 12 Stone Frog Temple von Yussef Agbo-Ola zusammen, einer Neuproduktion für das Museum Folkwang. Inspiriert von dem vom Aussterben bedrohten Pfeilgiftfrosch schärft der raumgreifende Tempel den Blick selbst für die kleinsten Lebewesen der Ökosysteme, die die Welt in der Balance halten, und lädt zu einer sinnlichen Erfahrung ein. (Yussef Agbo-Ola erläutert im Gespräch mit Rebecca Herlemann und Antonina Krezdorn die Genese seiner Arbeit Oriji: 12 Stone Frog Temple) Das Streben nach einer idealen Gemeinschaft, die es (noch) nicht gibt oder die es nicht mehr gibt, ist das verbindende Element und die Antriebsfeder der ausgestellten Werke.

ZUR AKTUELLEN SITUATION
Das Museum Folkwang hat im Herbst 2022 Anaïs Duplan eingeladen, für die Ausstellung „Wir ist Zukunft. Visionen neuer Gemeinschaften“ ein Kapitel über den „Afrofuturismus" zu kuratieren. Der in den USA lebende Kurator, Autor und Professor für Literatur verfügt in diesem Themenkomplex über eine anerkannte Expertise. Seit dem 18. Oktober 2023 sind auf dem Instagram-Kanal @an.duplan des Künstlers verschiedene Posts geteilt und kommentiert worden, die auf die aktuelle Lage in Israel und Gaza Bezug nehmen. Am 10. November ist auf diesem Account ein Post erschienen, der zur Unterstützung des Netzwerks BDS aufruft. Der Deutsche Bundestag hat dieses Netzwerk als antisemitisch eingestuft. Das Museum Folkwang hat deshalb entschieden, die Zusammenarbeit mit Anaïs Duplan zu beenden. Dies ist weder aus künstlerisch-kuratorischen Gründen noch aufgrund des Themas der Ausstellung erfolgt, sondern ausschließlich aus Gründen der persönlichen Parteinahme des Kurators für die Kampagne des BDS, die das Existenzrecht Israels in Frage stellt. Das Museum Folkwang betrachtet die Entwicklungen in Israel und Gaza und das Leid der Zivilbevölkerung auf beiden Seiten mit großer Sorge. Die Stadt Essen und das Museum Folkwang stehen ein für Frieden und den Dialog der Kulturen.

 

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KATALOG

Wir ist Zukunft – Katalog zur Ausstellung

Wir ist Zukunft / We Is Future
Visionen neuer Gemeinschaften / Visions of New Communities
Museum Folkwang (Hrsg.)
Texte von Yussef Agbo-Ola (Olaniyi Studio), Anna Fricke, Rebecca Herlemann, Antonina Krezdorn, Leander Scholz, Birgit Schulte, Laura Stamps
Deutsch, Englisch
Gestaltet von: Johannes Lang
272 Seiten, 250 Abb.
Hatje Cantz, 2024
ISBN: 978-3-7757-5606-8
Erhältlich im Museum Folkwang

Ludwig von Hofmann, Das verlorene Paradies (Adam und Eva), 1893

Ludwig von Hofmann
Das verlorene Paradies (Adam und Eva), 1893
Hessisches Landesmuseum Darmstadt
Foto: Linda Breidert

Wenzel Hablik, Freitragende Kuppel mit fünf Bergspitzen als Basis, 1918/1923/1924

Wenzel Hablik 
Freitragende Kuppel mit fünf Bergspitzen als Basis, 1918/1923/1924
Öl auf Leinwand
Wenzel-Hablik-Museum, Itzehoe 
© Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe

Constant Klein, Labyr, 1959

Constant
Klein Labyr, 1959
Metall, Plexiglas, Holz, Ölfarbe, Kreide
Kunstmuseum Den Haag
© VG Bild-Kunst Bonn, 2023
Foto: Tom Haartsen

Superstudio, Gli Atti Fondamentali, Vita (Supersuperficie). Frutta e vino, 1971

Superstudio 
Gli Atti Fondamentali, Vita (Supersuperficie). Frutta e vino, 1971
Collage und Druck auf Papier
Centre Pompidou, Paris, Musée national d'art moderne/Centre de création industrielle
Achat, 2000
© Superstudio 
Foto: bpk/CNAC-MNAM/Georges Meguerditchian

Emma Talbot, Where Do We Come From? What Are We? Where Are We Going?, 2022

Emma Talbot
Where Do We Come From? What Are We? Where Are We Going?, 2022
Acryl auf Seide
© Emma Talbot
Foto: RM - Roberto Marossi, Courtesy: La Biennale di Venezia
Petra Rinck Galerie Düsseldorf, Galerie Onrust, Amsterdam

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