16. Aug 2014
28. Sep 2014

Ruhrtriennale 2014 – Antje Ehmann / Harun Farocki

Eine Einstellung zur Arbeit
Videoinstallation im Museum Folkwang

Das Museum Folkwang und die Ruhrtriennale trauern mit Antje Ehmann, seiner Familie und seinen Freunden um den Künstler Harun Farocki.

Die Kamera des ersten Films, der in der Geschichte zur Vorführung kam, ist auf eine Fabrik gerichtet. Der Film trägt den Titel La Sortie de l’usine Lumière á Lyon (1895). Er zeigt Männer und Frauen, wie sie das Werkstor der Lumière-Werke in Lyon verlassen. Der etwa 45 Sekunden lange Film der Gebrüder Lumière wurde in nur einer Einstellung gedreht und sagt: Jedes Detail der bewegten Welt ist es wert, festgehalten und betrachtet zu werden.

Für ihr neues Projekt Eine Einstellung zur Arbeit greifen Antje Ehmann und Harun Farocki auf die Methode der Lumière-Brüder zurück, um etwas von der entschiedenen Sachlichkeit der Filme des 19. Jahrhunderts wiederzugewinnen. Die Aufgabe lautet: Mit einer einzigen Kameraeinstellung das Thema ›Arbeit‹ zu behandeln.

In den letzten drei Jahren reisten Ehmann und Farocki in 15 internationale Großstädte, wo sie mit örtlichen Videokünstlern und Filmemachern über 400 Kurzfilme produzierten. Die Filme zeigen bezahlte und unbezahlte, materielle und immaterielle, traditionsreiche und gänzlich neue, industrielle sowie vor- und postindustrielle Formen von Arbeit.

Eine Einstellung zur Arbeit ist eine Aufforderung, Arbeit im 21. Jahrhundert aus einer doppelten Perspektive zu betrachten: als individuelle Handlung inmitten von kollektiven Zwängen. Die Kurzfilme sind Dokumentation und Konstruktion zugleich. Für die rhetorische Figur der ›Arbeiterschaft‹ versammeln sie eine Fülle konkreter Bilder. Von kleinsten Details an Werkzeugen, vom Bestücken von Maschinen, von Handgriffen, Bewegungschoreografien und szenischen Momenten ausgehend, entwickeln die Filmeinstellungen ihre Beobachtungen und Verknüpfungen aus dem Material heraus. Ob am Webstuhl, am Computer oder am Klavier, ob im Bostoner MIT, im Altersheim von Buenos Aires, im Naturkundemuseum von Łódź oder in einem Fitnessstudio von Tel Aviv – es sind überraschend magische Momente, die das Faktische erzeugt.

Die für den Museumsraum konzipierte Ausstellung ist die erste umfangreiche Präsentation von Eine Einstellung zur Arbeit. Sie versteht sich nicht als einzig denkbare, geschlossene Erzählung, sondern als eine Art symbolischer Schnittplatz, ein Laboratorium, in dem sich der Zuschauer seinen eigenen Film montiert. Zehn Leinwände mit je sechs Kurzfilmen aus den jeweiligen Städten – mit Bildern, Stimmen, Geräuschen, unterschiedlichen Sprachen – füllen einen ganzen Raum. Eine Einstellung zur Arbeit ist überraschende Sozialgeschichte, hoch organisierte, globale Enzyklopädie und verdichtete Wirklichkeitslektüre.

Wie heute Arbeiter auf der ganzen Welt ihren Arbeitsplatz verlassen, zeigt eine weitere Installation, die Antje Ehmann und Harun Farocki während der langjährigen Arbeit entwickelt haben. Arbeiter verlassen ihren Arbeitsplatz in 10 Städten kann als ein aktualisiertes Remake des Lumière-Films betrachtet werden. Die Installation zeigt, wie Arbeiter in Städten weltweit ihren Arbeitsplatz verlassen.

Ein Projekt von Antje Ehmann und Harun Farocki.

Mit Filmen aus — Bangalore, Indien / Boston, USA / Buenos Aires, Argentinien / Kairo, Agypten / Hangzou, China / Hanoi, Vietnam / Johannesburg, Süd Afrika / Łodž, Polen / Rio de Janeiro, Brasilien und Tel Aviv, Israel

Siehe hierzu auch: www.eine-einstellung-zur-arbeit.net

Eine Produktion der Ruhrtriennale präsentiert in Kooperation mit dem Museum Folkwang.
Eine Koproduktion der Harun Farocki Filmproduktion mit dem Goethe-Institut. Die Gesamtleitung liegt bei Detlef Gericke-Schönhagen, Goethe-Institut Boston.
(www.ruhrtriennale.de)