28. Sep 2018
13. Jan 2019

Unheimlich real

Italienische Malerei der 1920er Jahre

Die große Herbstausstellung Unheimlich real präsentiert mehr als 80 Gemälde des Magischen Realismus, einer in Deutschland noch nahezu unbekannten Kunstbewegung im Italien der 1920er Jahre. Nach den Zäsuren des Ersten Weltkriegs verstärkte sich allgemein der Wunsch nach Ruhe und Ordnung, besonders ab 1918 setzen sich in Europa und Nordamerika realistische Tendenzen in der Kunst durch. In Deutschland entwickelt sich die Neue Sachlichkeit, in Frankreich vermehren sich neoklassizistische Tendenzen und in Italien entsteht der Magische Realismus.

Es sind stimmungsvolle Bilder von verstörender Schönheit. Giorgio de Chiricos rätselhafte Szenografien verwaister Plätze inspirieren die Künstler_innen genauso zu ihren Bildwelten wie Carlo Carràs stilistische Anknüpfung an die Meister des Quattrocento. Sie changieren zwischen Melancholie und Idylle, zwischen Zivilisationsmüdigkeit und Fortschrittspathos. Altmeisterlich ist ihr Farbauftrag, klassisch sind ihre Motive: Es entstehen Stillleben, Porträts, Interieurs und Akte. Die Gemälde sind direkt, präsentieren die Gegenstände klar und deutlich und scheinen doch das Wesentliche zu verbergen. Geschlossene Bücher, Musikinstrumente, Masken und Maskeraden sind ein ebenso wiederkehrendes Bildsujet wie verzerrte Perspektiven und Draperien. Sie weisen auf etwas Entscheidendes hin: die Künstler_innen spielen mit den vermeintlichen Gegensätzen zwischen Realität und Künstlichkeit, vermischen Vordergründigkeit und Abgründigkeit.

Der Magische Realismus ist keine Künstlergruppe, sondern eine künstlerische Haltung. Der Kunsthistoriker Franz Roh beschreibt das Phänomen 1925 folgendermaßen: „Mit ‚magisch‘ im Gegensatz zu ‚mystisch‘ sollte angedeutet sein, daß das Geheimnis nicht in die dargestellte Welt eingeht, sondern sich hinter ihr zurückhält.“

Mit der Machtübernahme Mussolinis 1922 entwickelt sich die Kunst vor der Folie einer faschistisch geprägten Gesellschaft. Es mag an der politischen Situation dieser Jahre gelegen haben, dass die nicht selten Befremden auslösenden Zweideutigkeiten dieser faszinierenden Gemälde in den letzten Jahrzehnten wenig beachtet worden sind.

Die Ausstellung gibt erstmals in Deutschland einen breiten Überblick über den Magischen Realismus und zeigt herausragende Werke der Hauptvertreter über Antonio Donghi, Felice Casorati, Gino Severini und Edita Broglio bis hin zu bekannteren Künstler_innen wie Giorgio Morandi, Giorgio de Chirico und Carlo Carrà.

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Ubaldo Oppi, Die Frau des Künstlers vor venezianischer Kulisse, 1921

Ubaldo Oppi
Die Frau des Künstlers vor venezianischer Kulisse, 1921
Öl auf Leinwand
Privatsammlung, Rom
Foto: Carlo Baroni, Rovereto

Cagnaccio di San Pietro, L'alzana, 1926

Cagnaccio di San Pietro
L'alzana, 1926
Zwei Treidler
Fondazione di Venezia
Courtesy Collezione della Fondazione di Venezia

Cesare Sofianopulo, Maschere, 1930

Cesare Sofianopulo
Maschere, 1930
Masken
Museo Revoltella

Giorgio de Chirico, Italienischer Platz (Souvenir aus Italien), 1924–25

Giorgio de Chirico
Italienischer Platz (Souvenir aus Italien), 1924-25
Öl auf Leinwand
Rovereto, MART-Museo di arte moderna e contemporanea di Trento e Rovereto
© MART - Archivio Fotografico e Mediateca; © VG Bild-Kunst, Bonn 2018