Der international renommierte Fotograf Timm Rautert überträgt dem Museum Folkwang sein Gesamtwerk


Das Museum Folkwang erhält den Vorlass des international renommierten Fotografen Timm Rautert. Dieser umfasst nahezu das gesamte Werk des in Westpreußen (heute Tuchola, Polen) geborenen Künstlers und eines der facettenreichsten fotografischen Lebenswerke in Deutschland.

Timm Rautert (*1941) gilt als prägende Figur der deutschen Fotografie – als Schüler von Otto Steinert, als Fotograf, Journalist und Professor für Fotografie. Sein Werk verbindet dokumentarische Genauigkeit mit konzeptueller Tiefe und reicht von frühen experimentellen Ansätzen bis zu zeitgenössischen Reflexionen über das Medium selbst. Werke von Timm Rautert sind in internationalen öffentlichen und privaten Sammlungen vertreten.

Mit dem Archiv Timm Rautert setzt das Museum Folkwang nach der Übernahme des Archivs Michael Schmidt im vergangenen Jahr seine lange Geschichte der Aufnahme bedeutender fotografischer Vor- und Nachlässe fort und unterstreicht damit sein Engagement, fotografisches Erbe zu bewahren und sichtbar zu machen. So zählen etwa die Nachlässe von Lotte Errell, Germaine Krull, Helmar Lerski, Fee Schlapper, Walter Peterhans und Otto Steinert sowie dessen Studiensammlung und das Girardet-Archiv zu den weiteren großen und namhaften Beständen der Sammlung.

Timm Rautert: „Für mich ist nur folgerichtig, dass nach meinem Studium an der Folkwang Schule für Gestaltung mein Werk im Museum Folkwang seinen Platz findet. Einem Ort, an dem die Fotografie seit Jahrzehnten gesammelt und reflektiert wird.“

Peter Gorschlüter, Direktor Museum Folkwang: „Wir freuen uns außerordentlich, das Werkarchiv von Timm Rautert in unsere Sammlung aufzunehmen. Sein beeindruckendes fotografisches Schaffen und seine Lehrtätigkeit haben die deutsche Fotografie nachhaltig geprägt. Mit dem Vorlass können wir nicht nur sein Gesamtwerk bewahren und wissenschaftlich erschließen, sondern auch seine bedeutende Rolle für Generationen von Fotograf:innen im Kontext unserer Sammlung sichtbar machen.“

Das Archiv Timm Rautert beinhaltet etwa 9.000 Prints zumeist in Serien und umfangreiche Mappenwerke, weit mehr als 50.000 Diapositive sowie Raum- und Videoinstallationen von den 1960er-Jahren bis heute. Darüber hinaus umfasst das Archiv des Künstlers die gesamten Negative inklusive 6.500 Kontaktabzüge, die gesammelten Veröffentlichungen, Bücher, Korrespondenzen, Arbeitsmaterialien, Ausstellungsdokumentationen und weitere zeithistorische Dokumente. Der Vorlass wurde im Laufe des Jahres 2025 an das Museum überführt und wird dort für eine weitergehende Erforschung des Werkes erschlossen.

Der erhaltene Bestand repräsentiert das komplexe Lebenswerk Timm Rauterts in Gänze: von der Studienzeit bei Otto Steinert und den frühen Reisen nach Japan und New York über die Zusammenarbeit mit Journalisten wie Michael Holzach (Die Hutterer, 1978) für das ZEITmagazin , das in den 1970er Jahren zu seinen wichtigsten Auftraggebern zählte, bis hin zu aufwendigen Buchprojekten mit Otl Aicher (Das Berliner Philharmonische Orchester, 1987) und zahlreichen Künstlerporträts (u. a. Pina Bausch, Franz Erhard Walther, Walter de Maria, Andy Warhol und Gerhard Richter). Ebenfalls Teil der Schenkung sind seine langjährigen Auseinandersetzungen mit modernen Arbeitswelten (Gehäuse des Unsichtbaren, 1992) und dem Kunstdiskurs (ARTWORK, seit 2000). Experimentierfreude, konzeptuelle Strenge und Spiellust kennzeichnen sein Werk von der frühen Werkgruppe Bildanalytische Photographie (1968–1974) bis zu jüngeren Arbeiten wie L’Ultimo Programma (2015).

Der Vorlass ermöglicht es dem Museum Folkwang, die Geschichte der Fotografie in Deutschland zwischen Kontinuität und Wandel noch vielschichtiger zu erzählen: Sei es durch Rauterts entschiedene Emanzipation von Otto Steinert, durch seine stilistische Vielfalt oder seinen beständigen Drang, das Medium zwischen kritischer Dokumentation und Fiktion, Auftrags- und freien Arbeiten neu zu denken. 

Von großer Bedeutung war zudem Rauterts Lehrtätigkeit an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig von 1993–2008: Viele seiner ehemaligen Schüler:innen – u. a. Jana Müller, Adrian Sauer, Riccarda Roggan, Tobias Zielony und Johanna Diehl – prägen heute als Professor:innen die deutsche Fotolandschaft. In der Fotografischen Sammlung des Museum Folkwang sind weitere ehemalige Schüler:innen wie Viktoria Binschtok, Sven Johne, Falk Haberkorn und Harry Hachmeister prominent vertreten.

Der Vorlass ergänzt bereits vorhandene Arbeiten in der Fotografischen Sammlung des Museum Folkwang, darunter Deutsche in Uniform (1974, Farbe und Schwarzweiß), Josef Sudek, Prag 1967 (1967) und die im Jahr 2021 neu produzierte Doppelprojektion zu Gehäuse des Unsichtbaren, die im kommenden Jahr in der Sammlungspräsentation gezeigt wird. Bereits im Jahr 2021 widmete das Museum Folkwang dem Fotografen mit Timm Rautert und die Leben der Fotografie eine umfassende Überblicksausstellung.

Ermöglicht wurde die Übernahme des Werkarchivs Timm Rautert durch den Folkwang-Museumsverein e. V., der den Vorlass übernommen und nachfolgend in das gemeinsame Eigentum von Stadt Essen und Museumsverein an der Sammlung Folkwang eingebracht hat.

Das Zentrum für Fotografie Essen richtet Anfang Februar 2026 ein internationales Symposium What Will Photography Be? An Invitation to Speculate aus. Das Archiv Timm Rautert wird im Rahmen des Symposiums vorgestellt (3. bis 5. Februar 2026). Anlässlich der Übergabe des Gesamtwerks von Timm Rautert an das Museum Folkwang richtet die Stadt Essen am 5. Februar 2026 im Rathaus einen feierlichen öffentlichen Empfang aus. Weitere Informationen unter diesem Link: Februar 2026 – What Will Photography Be? | Zentrum für Fotografie Essen

 

Dokumente

Portrait Timm Rautert
Foto: © Miguel Lorenzo, 2023

 

Timm Rautert
Sonny Capone‘s Snub-Nosed Revolver
Aus der Serie The Estate of Al Capone, 2022
Mixed Media, Öl auf Leinwand, Inkjetdruck
© Archiv Timm Rautert, Museum Folkwang, Essen

Media
Portrait_Timm Rautert_Foto© Miguel Lorenzo 2023

Portrait Timm Rautert
Foto: © Miguel Lorenzo, 2023