Chronistin eines bewegten Jahrhunderts: Museum Folkwang würdigt die Avantgarde-Fotografin und Autorin Germaine Krull mit einer großen Retrospektive
Vom 28. November 2025 bis 15. März 2026 präsentiert das Museum Folkwang das Werk Germaine Krulls (1897–1985) in einer umfassenden Retrospektive. Mit GERMAINE KRULL: Chien Fou wird die Künstlerin erstmals nicht nur als bedeutende Protagonistin der fotografischen Avantgarde, sondern auch als Autorin gewürdigt. Gezeigt werden rund 400 Fotografien, Texte, Dokumente sowie audiovisuelle Materialien aus dem reichhaltigen Nachlass, den das Museum Folkwang seit 1995 bewahrt.
Germaine Krull ist bis heute vor allem für ihre wegweisenden fotografischen Arbeiten der 1920er- und 1930er-Jahre bekannt. Die Ausstellung zeigt jedoch eine weit größere Spannbreite ihres Schaffens: Sie verfasste autobiografische und autofiktionale Texte, Reportagen, politische Berichte und literarische Erzählungen, die ab den späten 1920er-Jahren parallel zu ihrem fotografischen Werk entstanden. Mit dem Verweis auf Chien Fou – ihr Alter Ego und zugleich Titel ihres ersten autofiktionalen Werks von 1934 – rückt die Ausstellung Krull als eigenständige Stimme in einem bewegten Jahrhundert in den Vordergrund.
Indem Krulls Texte und Fotografien in einen direkten Dialog gesetzt werden, macht die Schau ihr Selbstverständnis und ihr Selbstbewusstsein als Künstlerin, Denkerin und Frau sichtbar. Sie zeichnet nach, wie äußere Umstände – insbesondere der Zweite Weltkrieg – ihr Leben und Schaffen prägten und wie Krull schließlich eine bewusste Abkehr von Europa vollzog, um in Thailand und Indien neue Lebensmittelpunkte zu finden.
Der Ausstellungsrundgang eröffnet Perspektiven, die von Krulls Studienzeit im München der 1910er-Jahre über ihre bahnbrechenden fotografischen Arbeiten der Zwischenkriegszeit reichen. Sie fokussiert alle Phasen ihres fotografischen Schaffens und hebt sie als Textautorin und Chronistin des 20. Jahrhunderts hervor. Vor diesem Hintergrund trägt die Ausstellung vor allem der politischen, transnationalen und auch transkulturellen Komplexität ihres Lebenswerks Rechnung und richtet neben ihren Texten den Blick auf das bislang von der Forschung nur marginal beachtete so genannte fotografische „Spätwerk“.
Die Präsentation wird durch eine in Kooperation mit Studierenden der Universität Duisburg-Essen entwickelte Vermittlungsstation ergänzt, darunter eine Ausstellungsbibliothek, die Besucher:innen zum vertieften Studium einlädt.
Darüber hinaus wird gemeinsam mit der Universitätsbibliothek der Universität Duisburg-Essen eine Open-Access-Datenbank freigeschaltet, die sämtliche digitalisierte Texte Krulls frei zugänglich macht. Zugang: https://doi.org/10.17185/estate-germaine-krull
Begleitend zur Ausstellung erscheint bei MACK Books (London/Berlin) die Publikation Germaine Krull. Chien Fou. Ausgewählte Texte (Hrsg. Kerstin Meincke und Petra Steinhardt). Das rund 320 Seiten umfassende Buch verknüpft Fotografien mit vielfach neu erschlossenen Texten Krulls in deutscher, englischer und französischer Sprache.
In Kooperation mit der Universität Duisburg-Essen sowie der Universitätsbibliothek mit Unterstützung der Qualitätsverbesserungskommission der Fakultät für Geisteswissenschaften.
Gefördert durch die Kunststiftung NRW
Die Ausstellung GERMAINE KRULL: Chien Fou. Autorin und Fotografin wird ab 22. Mai 2026 in Wetzlar – als Kooperation zwischen den Städtischen Museen Wetzlar und dem Kunstverein Wetzlar – gezeigt .
Information
GERMAINE KRULL: Chien Fou
Autorin und Fotografin
28. November 2025 bis 15. März 2026
Eintritt: 9 Euro / ermäßigt 5 Euro
Eröffnung: 27. November 2025, 19 Uhr
Autor:in unbekannt
Germaine Krull mit Contax
um 1932, Silbergelatineabzug,
11,5 x 14,5 cm
© Nachlass Germaine Krull, Museum Folkwang, Essen
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